Die Bildungsverbände im Niedersächsischen Beamtenbund und Tarifunion (NBB) blicken angesichts der aktuellen Entwicklungen der Pandemie mit Sorge auf das kommende Schuljahr.
Die Mitte der vergangenen Woche durch die Landesregierung vorgestellte neue Corona-Verordnung hat sich vom bisher geltenden Stufenplan verabschiedet. Die Bildungsverbände im NBB, der Philologenverband Niedersachsen (PHVN), der Verband Niedersächsischer Lehrkräfte (VNL), der Verband Bildung und Erziehung (VBE), der Verband für Lehrerinnen und Lehrer an Wirtschaftsschulen in Niedersachsen (VLWN) und der Berufsschullehrerverband Niedersachsen (BLVN), sehen darin einen radikalen Systemwechsel, dessen Auswirkungen auf die Schule noch nicht klar absehbar sind.
Dabei ist nach Bewertung der Bildungsverbände und des Beamtenbundes die Abkehr vom Stufenmodell und Einführung der 3G-Regel angesichts der veränderten Pandemielage grundsätzlich zu begrüßen. Gleichzeitig wird aber nachdrücklich eine einheitliche Vorgehensweise sowohl bei den regionalen Gesundheitsämtern in Niedersachsen als auch auf Bundesebene angemahnt. So darf die Corona-Verordnung im Bezug auf Schule nicht zu einem Flickenteppich von Willkürmaßnahmen einzelner Gesundheitsämter für Quarantäne-Fälle und besondere Auflagen führen. Aus diesem Grunde wird seitens der Bildungsverbände ein transparenter Kriterienkatalog eingefordert, der durch die Kultusministerkonferenz möglichst umgehend harmonisiert werden muss, da die Bedingungen für Präsenzunterricht einheitlich gelten müssen. Ein Regelungschaos zwischen den Bundesländern darf es nach übereinstimmender Meinung in der Zukunft nicht mehr geben.
Darüber hinaus halten die Bildungsverbände den Weg, maximale Präsenz bei maximaler Sicherheit zu erreichen für grundsätzlich richtig und unterstützen in diesem Punkt die Leitlinien der Landesregierung. Dabei wird insbesondere das vereinbarte „Sicherheitsnetz“ in den ersten Schulwochen, bestehend aus Maskenpflicht, verstärkten und regelmäßigen Testungen, schnelle und gezielte Quarantänemaßnahmen, dem Ziel der Vermeidung unnötiger Kontakte, ausdrücklich begrüßt, um mit Augenmaß und Vorsicht den Unterricht aufzunehmen.
Deutliche Kritik üben die Bildungsverbände aber weiterhin an den Absichtserklärungen und nicht erfüllten Ankündigungen des Kultusministeriums, insbesondere zur Beschaffung geeigneter Schutzvorrichtungen. So gehört zum maximalen Infektionsschutz auch weiterhin die Möglichkeit zum Einsatz von Luftfilteranlagen in Schulen. Doch dieses politische Versprechen erweist sich zunehmend als "Luftnummer", da bisher nur wenige Schulen diese Geräte erhalten und aufstellen konnten.
Für einen entscheidenden Weg in der Pandemiebekämpfung halten die Bildungsverbände jedoch vor allem das Ziel, auch Kindern und Jugendlichen ab zwölf Jahren die Impfung zugänglich zu machen. Nur eine erhöhte freiwillige Impfbereitschaft, die vor allem durch eine vermehrte Information und Aufklärung der Eltern erreicht werden kann, führt auch zu einer erhöhten Sicherheit. Dabei muss jedoch nach übereinstimmender Auffassung auch die Voraussetzung der Freiwilligkeit gewahrt bleiben. Ein indirekter Impfzwang durch Gruppendruck und Nachteile für Ungeimpfte muss vermieden werden. Darüber hinaus fordern die Bildungsverbände in diesem Zusammenhang auch die Rahmenbedingungen möglicher Impfangebote an Schulen deutlich strategischer zu durchdenken. Zusätzliche Belastungen für Schulen bei der Organisation darf es nicht geben.
Ein weiterhin großes Problem besteht nach übereinstimmender Auffassung aller Bildungsverbände nach wie vor im akuten Lehrermangel, der sich mit dem Ergebnis schlechter Unterrichtversorgung auch auf das kommende Schuljahr wieder massiv auswirken wird. So nimmt der Mangel an Fachkräften, insbesondere im Grundschulbereich und in den SEK-I-Schulen, weiterhin dramatisch zu. Nach wie vor ist eine Vielzahl der benötigten Stellen nicht besetzt.
So fordern die Bildungsverbände umgehend längerfristig flankierende Maßnahmen um diesem Problem endlich zu begegnen. Hierzu gehören Programme zur Gewinnung weiterer Lehrkräfte durch attraktive Nachwuchsgewinnung, mehr Unterstützungspersonal durch Aufstockung der multiprofessionellen Teams, dauerhafte Fördermaßnahmen und finanzielle Unterstützung Benachteiligter. Bei alledem darf aber nicht vergessen werden, dass es auch darum geht Bildungsdefizite auszugleichen und die Qualität der Bildung und der Abschlüsse zu sichern. Die Pandemie darf kein Vorwand sein, um auf Leistungsüberprüfungen zu verzichten und Bildungsstandards dauerhaft zu senken!
Abschließend erneuern die Bildungsverbände im NBB ihre klare Forderung, die Ausstattung mit digitalen Medien für alle Schulformen endlich zu forcieren, sowie Konzepte zum digitalen Unterricht und Homeschooling verbindlich mit einheitlichen Standards für alle Schulformen zu entwickeln. Hierzu gehören schnelle Zugänge zum Internet, Versorgung mit Tablets und Software, Wartung und rechtliche Absicherung (Datenschutz und Haftungsfragen).
Angesichts der Entwicklungen der letzten Wochen muss leider durchaus erneut damit gerechnet werden, dass nicht durchgängig Präsenzunterricht für alle Schülerinnen und Schüler vorgehalten werden kann. Dann wird sich zeigen, ob die Digitalisierung unserer Schulen jetzt besser funktionieren wird als in der Vergangenheit.